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Nachhaltige Medien 2022

Vom 01. bis 04. März 2021 nahmen insgesamt 36 Teilnehmende zwischen 16-25 Jahren am zweiten digitalen Workcamp zum Berufsfeld „Nachhaltige Medien“ teil. Live aus dem S-Hub Mannheim beschäftigten sich die Teilnehmenden mit unterschiedlichen Bereichen der Medienproduktion, von Print-Medien über Social Media bis Filmproduktion. Die zentrale Frage der Woche war wie bei allen Grünblick Workcamps, wie nachhaltig Berufe im Berufsfeld Medien sind und inwiefern sie sich aufgrund der aktuellen globalen Herausforderungen wie dem Klimawandel verändern müssen, um einen Beitrag zu einer nachhaltigen und grünen Umwelt leisten zu können. Um der Antwort näher zu kommen, haben sich die Teilnehmenden an den vier Tagen mit insgesamt 11 Pionieren ausgetauscht, die Einblicke in ihre Berufe und die Bereiche der nachhaltigen Arbeit in der Medienbranche gegeben haben.


Eine Branche im Wandel

Ähnlich wie viele andere Branchen befindet sich die Medienbranche in einem aufregenden Transformationsprozess hin zu mehr Nachhaltigkeit. Dementsprechend sind einzelne Ausbildungsberufe noch im Entstehen. Ausbildungen, wie z.B. der Green Consultance für Filmproduktionen ist überhaupt erst seit Januar 2021 als Zusatzqualifikation zu erwerben. Die zwei größten Herausforderungen der Medienbranche auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit sind vor allem im hohen Stromverbrauch und der Logistik auszumachen.


Der Blaue Engel- Das Umweltzeichen

Zu Beginn der Woche stellte Frau Braumann den Blauen Engel vor. Das weltweit erste Umweltzeichen, das 1979 vom Bundesinnenminister Werner Maihofer (FDP) eingeführt wurde. Der Blaue Engel verfolgt das Ziel, zu einer gesunden Umwelt beizutragen, in der der Menschen so weit wie möglich geschützt vor schädlichen Umwelteinwirkungen wie Schadstoffen in Luft oder Wasser leben kann.

Heutzutage untersteht der Blaue Engel dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, das offizieller Zeicheninhaber ist. Die Entwicklung der Kriterien für die Vergabe des Blauen Engels sowie das Ausarbeiten der Vergabegrundlagen übernimmt das Umweltbundesamt. Den konkreten Vergabeprozess übernimmt die gemeinnützige „RAL gGmbH“.

Auch wenn die meisten den Blauen Engel vor allem mit dem Zertifizieren von nachhaltigen Druckerzeugnissen assoziieren, so zertifiziert der Blaue Engel ähnlich wie andere Siegel und Zeichen, beispielsweise Fairtrade, FSC, EU Ecolabel oder Bio auch Textilien, Elektrogeräte, Bauprodukte und Wasch- und Reinigungsmittel. So deckt er im Gegensatz zu anderen Siegeln und Zeichen, die meist nur ein Produktsegment zertifizieren, eine große Bandbreite an Produkten ab. Interessanterweise ergaben Studien, dass die meisten Siegel und Zeichen nur bei rund 35% der Verbraucher:innen einen Einfluss auf die Kaufentscheidung haben.

Bei den Vergabekriterien achtet der Blaue Engel unter anderem auf eine ressourcenschonende Herstellung, nachhaltige Produktion von Rohstoffen, Vermeidung von Schadstoffen im Produkt, Reduktion von Lärm und elektromagnetischer Strahlung, Langlebigkeit und die Einhaltung von internationalen Arbeitsschutzstandards.

Mit dem Fokus auf die Medienbranche und der nachhaltigen Papierproduktion zeigt sich vor allem im Einsatz von Altpapier ein signifikanter Vorteil. So können durch Recycling Papierfasern deutlich öfter im Kreislauf genutzt werden. Zudem leistet Papierrecycling einen wichtigen Beitrag zum Ressourcen- und Klimaschutz, da somit weltweit Wälder geschützt werden und die Biodiversität und Artenvielfalt erhalten bleibt. In konkreten Zahlen lässt sich feststellen, dass sich durch Altpapier die Abwasserbelastung um 80%, der Wasserverbrauch um 70% und der Energieverbrauch um 60% senken lässt. Als provokante These und Abschluss der Präsentation erwähnte Frau Braumann, dass keine Ökobilanz bekannt ist, die digitale Veröffentlichungen gegenüber Printveröffentlichungen klar im Vorteil sehen. So seien, auch wenn der digitale Trend nicht mehr aufzuhalten ist, Printmedien nicht immer automatisch umweltschädlicher als digitale Medien.


Wie werde ich Journalist:in?

Dann folgte ein kurzer Input zu der Frage, wie man eigentlich Journalist:in wird. Natürlich kann auch ein Journalismus Studium oder eine Ausbildungen im Bereich Bild und Ton oder Medienkaufmann:frau dazu beitragen, es gibt jedoch auch noch andere Wege. Man kann auch mit einem anderen Studium oder einer anderen Ausbildung wie zum Beispiel nachhaltige Entwicklung Journalist:in werden. Denn Arbeitgeber suchen oft nach Expert:innen, die wie in dem Fall professionell über Nachhaltigkeit schreiben und berichten können. Gleichzeitig ist auch die Berufserfahrung entscheidend, also sich durch Praktika und freie Mitarbeit auszuprobieren und die Branche und seine Stärken kennenzulernen.


Katapult – Ein Magazin trotzt dem Trend

Ein konkretes Beispiel für ein nachhaltig produziertes Printprodukt, das sich dem Digitalisierungstrend entgegenstellt, ist der Greifswalder Katapult-Verlag. Mit insgesamt 47 Ausgaben und fast 83.000 Abonnent:innen zählt das Katapult-Magazin vermutlich zu den an den schnellsten wachsenden Magazinen der letzten Jahre. Während des Vortrags der Katapult-Redakteurin Jasemin Uysal ging es zum einen um eine nachhaltige Produktion des Magazins, aber vor allem auch um eine inhaltliche Nachhaltigkeit, sprich wie kann nachhaltiger Journalismus aussehen?

Um die Produktion nachhaltiger zu gestalten, pflanzt der Verlag aktuell Bäume in ihrer eigenen Baumschule. In Kürze sollen noch eine Umweltbilanz erstellt werden, Ökofarben für die Renovierung der Schule, die der Verlag als Arbeitsraum gekauft hat genutzt werden und der Plastikverbrauch reduziert werden. Auf inhaltlicher Ebene greift das Magazin vor allem Nachhaltigkeitsthemen auf, die mithilfe von visuell aufbereiteten Infografiken komplexe ökologische Zusammenhänge aufbrechen sollen. So steht der kleine rote Punkt auf der sonst leeren weißen Weltkarte plakativ für die „nur“ 300 x 300 km benötigten Fläche, um die ganze Erde mit Solarstrom zu versorgen.


Konstruktiver Journalismus – Lösungen, Recherchen, Perspektiven

Was haben Nachrichten mit Nachhaltigkeit zu tun? Viel, denn alle Teilnehmenden waren sich einig: Sich den negativen Nachrichten auszusetzen, die jeden Tag auf uns einprasseln, lässt ein Gefühl von Hilflosigkeit zurück. Und auch die Frage: Was bringt es eigentlich noch, sich zu engagieren, wenn so viel Schlechtes passiert? Konstruktiver Journalismus möchte dieses Muster aufbrechen und die Rezipient:innen durch Wissen und vielseitige Perspektiven handlungsfähig machen. Es geht darum, nicht nur die Probleme und Herausforderungen in den Nachrichten und Medien abzubilden, sondern auch zu fragen: Was jetzt? Gibt es schon Menschen, die an Lösungen für diese Probleme arbeiten? Denn oft lautet die Antwort: Ja!

Teil des Vortrags über Konstruktiven Journalismus war auch eine Social Media Challenge, bei der die Teilnehmenden auf die Suche nach einer Nachricht gehen sollten, die über etwas berichtet, das positiv ist und Hoffnung macht. So kamen über 20 Beiträge zusammen, die zeigten: Es passiert auch sehr viel Gutes und es ist keinesfalls umsonst, sich auch selbst im Bereich Nachhaltigkeit zu engagieren.


Social Media – @der.vegane.van

Für den Themenbereich Social Media schaltete sich Lorena Palombo ein, eine Influencerin, die mit ihrem „veganen“ Van durch Europa fährt, uns dieses Mal jedoch aus ihrer Heimat in Bayern zugeschaltet war. Sie finanziert sich neben ihrer Tätigkeit als Influencerin, mit der sie Geld mit Produktplatzierungen verdient, durch ihr eigenes veganes Kochbuch und digitalen Live-Kochabenteuern, die Kund:innen buchen können.

Instagram und weitere soziale Plattformen sieht sie als Werkzeug, um Nachhaltigkeitsthemen zu verbreiten und somit einen Beitrag zu einer nachhaltigen und grünen Welt zu leisten. So steht sie der Influencer Szene und den sozialen Medien aber auch kritisch gegenüber, da dort Nachhaltigkeit oft als Wert zugeschrieben wurde. So stehen auch Werbepartnerpartnerschaften stark in der Kritik, da Influencer:innen dadurch ihren Follower:innen in der Tat zum Teil nachhaltige Produkte empfehlen, aber letztendlich immer noch zum Konsumieren animieren wollen. Abschließend wurden die Teilnehmenden mit der Frage konfrontiert, welche Leidenschaft ihnen in den Sinn kommt und für was sie wirklich brennen.


Conny – Nachhaltige Musikproduktion

Am zweiten Input Tag schaltete sich live aus Köln der feministische Rapper „Conny“ ein, der vor Kurzem sein nachhaltig produziertes Album „Manic Pixi Dreabmoy“ veröffentlichte. In seinem spannenden Vortrag beleuchtete er die Aspekte Kunst und soziale Verantwortung sowie Nachhaltigkeitsstrategien für ein Album-Release. Als Beispiel, wieso Künstler:innen soziale Verantwortung haben und übernehmen müssen, verglich er die Anzahl an Instagram Follower:innen der Tagesschau mit den von Lena Meyer-Landrut. Dabei fällt auf, dass etliche Influencer:innen deutlich mehr Reichweite haben als öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten und somit viel Macht haben. Gleichzeitig sollen laut Conny die Zuhörer:innen daraus den Anspruch ableiten, getreu dem Motto „Hold your favourite artists accountable“, ihre Künstler:innen auf diese soziale Verantwortung hinzuweisen und einfordern.

Als Einführung in das Thema nachhaltiges Album-Release nannte Conny zunächst grundlegende Aspekte, die beim Produzieren eines Albums wichtig sind: Musik, Musikvideo, Social Media, Merchandising, Konzerte und das Team. Für jeden Aspekt gibt es verschiedene Maßnahmen, um nachhaltiger zu agieren. Als erste konkrete Maßnahme, die ergriffen werden könne, um die Musik nachhaltiger zu produzieren, nannte Conny die Arbeit im Studio. Dabei geht es um Fragen, ob die Anreise zum Studio mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder Fahrgemeinschaften möglich ist und ob das Studio beispielsweise mit Ökostrom betrieben wird. Auch könne sich die Frage gestellt werden, ob das Album nur auf Streaming Plattformen wie Spotify und Co. erhältlich ist oder ob es nachhaltig produzierte physische Tonträger als Alternative zum Öko-Albtraum Vinyl gibt. Auch bei der Auflage gibt es Möglichkeiten, vorab die Nachfrage zu erfragen, um eine Überproduktion zu vermeiden.

Bezüglich der Musikvideos gibt es laut Conny verschiedene nachhaltige Alternativen. Beispielsweise 2nd-hand Kleidung, Requisiten über Flohmärkte oder eBay Kleinanzeigen zu kaufen, vegetarischen/veganes Catering und das Zahlen eines Co²-Ausgleichs. Ein nachhaltiges Musikvideo ist laut Conny nicht zwangsläufig teurer, sicher jedoch aufwendiger als herkömmliche Musikvideos.

Ein weiterer Aspekt ist die Gestaltung und Organisation der Konzerte, bei den die Locations so gewählt werden, dass die Künstler:innen, das Team und die Fans mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen können. Auch bei Konzerten kann vegetarischen/veganes Catering für das Team bestellt werden.

Doch nicht nur die ökologische Nachhaltigkeit spielt eine große Rolle, sondern auch die soziale Nachhaltigkeit. Das spiegelt sich in der Diversität und dem Geschlechterverhältnis des Teams wider. Wer sitzt also in Führungspositionen und wer wird wie bezahlt. Auch dieser Aspekt kann ich einem Album-Release beachtet werden und trägt zu mehr Nachhaltigkeit bei.


Nachhaltige Fotografie

Im darauffolgenden Vortrag war Simon Veith zu Gast, ein Fotograph aus Köln, der sein Konzept für nachhaltige Fotografie vorstellte. Dabei waren ihm vor allem drei Aspekte wichtig: grüne Kund:innen, die einen positiven Impact auf die Gesellschaft haben, eine nachhaltige Arbeitsweise (klimapositiv werden) und eine nachhaltige Bildsprache in Form einer langfristigen und nachhaltigen Zusammenarbeit mit seinen Kund:innen und Partner:innen. Seit 2016 macht er sich auf den Weg seinen Job nachhaltig zu gestalten und hat folgende Konzept herausgearbeitet, mit dem er einen Beitrag zu einer grünen und nachhaltigen Welt schafft. Sein Konzept beinhaltet Bäume zu pflanzen, den Transport von Equipment mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu organisieren, ein grünes Büro mit Ökostrom zu betrieben, grüne IT und Web-Anbieter zu nutzen, nachhaltig mit seinem Equipment umzugehen und auf faires Banking zurückzugreifen. Klimaschädliche, unvermeidbare Aktionen werden kompensiert.


Nachhaltigkeit im Bayerischen Rundfunk

Als nächstes stellte der Auszubildungsleitende vom Bayerischen Rundfunk (BR), Clemens Finzer, den BR als Arbeitgeber in Sachen Nachhaltigkeit vor. Der BR, die viertgrößte ARD-Anstalt nach WDR, SWR und NDR verfügt über ca. 1 Milliarde Euro an Beitragsgeldern. Mit diesen Geldern produziert der BR eigene Hörfunk-Programme und zwei eigene TV-Vollprogramme, zudem liefert der BR Produktionen an das ARD, Tagesschaut24, ONE, Kika, Phoenix, 3sat und Arte. Der Vortrag konzentrierte sich auf die Bereiche Nachhaltigkeit im Programm, der Mitarbeitenden und Maßnahmen.

In Sachen Nachhaltigkeit im Programm fokussiert sich der BR aktuell auf Berichte über Nachhaltigkeitsthemen, so produziert er Sendungen, in den aufgezeigt wird, wie nachhaltige Strukturen in unterschiedlichen Lebensbereichen etabliert werden können oder stößt Experimente an. Zusätzlich schult der BR seine Mitarbeitenden zum Thema Nachhaltigkeit und ermutigt diese, bestehendes und neu erlerntes Fachwissen einzubringen und somit Expertise aufzubauen. Darüber hinaus versucht der BR konkrete Maßnahmen zu ergreifen, so setzen die Intendant:innen den Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit und versuchen Mitarbeitenden verstärkt einzubinden. Auch ist der BR Teil des ARD-Nachhaltigkeitsboards, etabliert ein Nachhaltigkeitsmanagement und setzt auf Mülltrennung und CO²-freie Produktion.

Wie viele große Unternehmen mit komplexen Strukturen, scheinen auch die Bemühungen des BR für mehr Nachhaltigkeit nur schleppend voranzugehen. So nutzte Clemens Finzer erneut die Chance auch mit den Teilnehmenden ins Gespräch zu kommen und so Themen und Erwartungen dieser Zielgruppe in Sachen nachhaltige Arbeit zu identifizieren.


Green Film Shooting & Green consulting

Den letzten großen Input-Block drehte sich um das Thema nachhaltige Film- und TV-Produktion. Dafür stellte Tobias Wolf seine Position als „green consultant“ bei der Bavaria Fiction vor. Er gab spannende Einblicke in seinen erst vor kurzen offiziell gewordenen Beruf. Die großen Baustellen der Film- und TV-Produktionen sind der immense Strombedarf und der Transport von Crew und Equipment. Zu Zeiten als Arnold Schwarzenegger Gouverneur von Kalifornien war, ließ er durch eine Studie ermitteln, wie viel die Film- und TV-Produktionen vom gesamten CO²-Verbraucht beitrugen. Herauskam, dass nur die Ölbranche mehr CO² produzierte. Als Antwort auf den hohen CO²-Verbrauch gibt es seit kurzem sogenannte „green consultants“, eine feste Stelle, die Produktionen nachhaltiger gestalten soll. Nach und nach soll so der massive ökologische Fußabdruck durch eine Umstellung auf eine ressourcenschonende, innovative Produktionsweiße um ein Vielfaches verringert werden. Dabei sollen alle Bereiche des Herstellungsprozesses von der Produktionsvorbereitung bis zur Postproduktion und Distribution beachtet werden.


Wandercoaching zur Berufsorientierung

Auch das Wandercoaching wurde wieder digital durchgeführt. Die Teilnehmenden wurden von zwei professionellen Wandercoaches, teilweise in der Gesamtgruppe teilweise in Kleingruppen, angeleitet. Für die Coachingeinheiten, die normalerweise in der Natur stattfinden, sind die Teilnehmenden alleine rausgegangen und haben währenddessen mit anderen Teilnehmenden telefoniert und sich über ihre Berufswünsche und ihre individuellen Talente in Peer-to-Peer-Coachings ausgetauscht. Trotz der digitalen Umsetzung war das Coaching für die Teilnehmenden eine gute Möglichkeit, sich unabhängig von alltäglichen Herausforderungen z.B. Erwartungen des sozialen Umfelds, mit ihrem Berufsweg auseinanderzusetzen.




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